Anerkennungsstelle für Saat- und Pflanzgut

Vermehrung von NOB-Saatgut

Webcode: 01043943

Die Anerkennung von Saatgut aller Getreidearten ist im alternativen Verfahren der „Nicht obligatorischen Beschaffenheitsprüfung“, dem sogenannten NOB-Verfahren, möglich. Ein erheblicher Anteil des Saatguts von Getreide in Niedersachsen und Deutschland durchläuft diesen Weg der Zertifizierung. Das NOB-Verfahren wird bereits seit 19 Jahren von versierten Aufbereitern von Saat-Getreide angewendet.

Dieser alternative Weg begründet sich auf § 12 (1b) der deutschen Saatgutverordnung. Demnach besteht die Möglichkeit, dass nicht alle Saatgutpartien grundsätzlich der Beschaffenheitsprüfung unterzogen werden müssen, wie es im herkömmlichen Anerkennungsverfahren erforderlich ist. Hier müssen alle Partien vor dem Inverkehrbringen strikt geprüft werden. Im NOB-Verfahren erhält die Saatgutwirtschaft im Vorfeld mehr Eigenverantwortung: im Nachhinein allerdings werden die aufbereiteten Partien sehr genau untersucht. Bestimmte Voraussetzungen in den Bausteinen des Anerkennungsverfahrens Anmeldung, Feldbesichtigung und Probenahme sowie der Untersuchungsergebnis-Veröffentlichung müssen erfüllt sein. Ein Aufbereiter entscheidet in Abstimmung mit Vertriebsfirma und Züchter, ob er grundsätzlich am Verfahren teilnehmen will. Wird ihm dies von der Anerkennungsstelle genehmigt, wählt er zum Zeitpunkt der Aufbereitung konkret für jede Partie bzw. mehrere zusammen lagernde Partien, ob das herkömmliche Anerkennungsverfahren angewendet oder der Weg der „Nicht obligatorischen Beschaffenheitsprüfung“ beschritten werden soll. Die wesentlichen Abläufe in diesem Verfahren sind in der Abbildung schematisch dargestellt.

Dabei müssen, bezogen z. B. auf eine Partie mit 1.200 dt Saatgut, nicht wie im herkömmlichen Anerkennungsverfahren vier Proben während des Aufbereitungsprozesses gezogen und untersucht werden, sondern es reicht eine repräsentative Probe aus vorgereinigter, nicht endgültig aufbereiteter Rohware. Diese Probe muss allerdings bereits die gesetzlichen Mindestanforderungen an die Beschaffenheit erfüllen, die auch an herkömmlich zertifiziertes Getreidesaatgut gestellt werden: also u. a. eine Mindestkeimfähigkeit bei Gerste und Weizen von 92 % und bei den anderen Getreidearten von 85 %. Darüber hinaus sind das eine technische Mindestreinheit von 98 % und zum Beispiel ein maximaler Besatz mit anderen Getreidearten von 3 Körnern bezogen auf 500 Gramm. Das herkömmliche Anerkennungsverfahren gibt es natürlich nach wie vor; danach wird zurzeit in Deutschland immer noch die überwiegende Menge des Z-Saatgutes bei Getreide zertifiziert. Jedoch befanden sich in Niedersachsen im Erntejahr 2024 wiederum rund 40 % des zur Anerkennung neu vorgestellten Getreide-Saatgutes im NOB-Verfahren. Auch deutschlandweit hat das NOB-Verfahren eine hohe Verbreitung.

Zur Absicherung der Saatgutqualität sieht der Gesetzgeber eine amtliche Nachkontrolle des abschließend aufbereiteten Saatgutes in Form von 20 % Kontrollproben vor: für eine etwaige Überprüfung muss je 300 dt des aufbereiteten Saatgutes mindestens eine Probe gezogen und bereitgestellt werden. Aufgrund der langjährig guten Erfahrungen wird der Kontrollumfang bei 25 %, mindestens aber eine Probe je Partie, belassen. Auch für das Saatgut aus dem Erntejahr 2024, also für Partien, deren Saatgut für die Aussaat zur Ernte 2025 vorgesehen sind, ist dieser an die gesetzliche Mindestnorm angenäherte Kontrollwert vorgesehen.

Für die Ziehung der Nachkontrollproben muss ein zugelassenes automatisches Probenahmegerät im Rohrsystem des Aufbereitungsbetriebes sachgerecht eingebaut sein. Damit ist eine tatsächlich repräsentative Probenahme möglich. Die Absicherung beginnt bereits in der Feldbestandsprüfung: nur solche Vermehrungsschläge, die diese ohne jede Einschränkung mit Erfolg absolviert haben, finden Eingang in das NOB-Verfahren. Ausgeschlossen sind feldbesichtigte Schläge, welche einen höheren Besatz aufweisen (nach § 8(2) feldbesichtigt). Bereits der Vermehrer leistet also einen Beitrag zum Gelingen des Verfahrens.

Logistik-Vorteile für den Saatguterzeuger

Der Saatguterzeuger hat den Vorteil, dass er die endgültige Aufbereitung der Partie erst durchführen muss, wenn – nach Vorliegen der Ergebnisse der repräsentativen Mischprobe – sich auch eine entsprechende Kundennachfrage abzeichnet. Das bedeutet für den Saatgutaufbereiter Kosten- und oftmals Zeit-Ersparnis. Damit wird ihm andererseits auch ein hohes Maß an Eigenverantwortung übertragen. Durch die allgegenwärtige Nachkontrolle muss der Aufbereiter sicherstellen, dass das von ihm aufbereitete Saatgut zumindest die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt, ansonsten greift ein Maßnahmenkatalog (siehe unten).

Vorteile für den Saatgutverbraucher

Der Z-Saatgut anbauende Landwirt als Verbraucher zieht ebenfalls Nutzen aus dem Verfahren. Zunächst ist festzuhalten, dass zu erwarten ist, dass die Saatgutqualität genauso gut wie bei herkömmlich zertifiziertem Material ist. Einzigartig ist, dass deutschlandweit alle Saatgutpartien, die an diesem Verfahren teilnehmen, veröffentlicht werden. Partien, die in der Nachkontrolle negativ aufgefallen sind, werden dabei besonders gekennzeichnet und die entsprechenden Untersuchungsergebnisse sind einsehbar unter www.ag-akst.de, dem Portal der Arbeitsgemeinschaft der Anerkennungsstellen in Deutschland. Mit der Veröffentlichung der Daten ist sicherlich schon ein sehr wichtiger Schritt getan, aber die Konsequenzen sind durchaus weitreichender. Die Saatgutwirtschaft hat sich verpflichtet auf freiwilliger Basis Schadensersatz zu leisten, wenn bestimmte Normwerte unterschritten werden: freiwillige Entschädigungsleistungen greifen dann. Weiterhin werden solche Aufbereitungsbetriebe gemaßregelt, bei denen Fehler vorgefunden werden: Ermahnungen, Entbindung des Probenehmers, Ausschluss vom Verfahren, bis hin zur Einleitung weiterer rechtlicher Schritte. So werden in den Fällen, wo nicht nur die Anerkennungsnorm, sondern statistisch berechnete Toleranzwerte überschritten werden, nachträglich die Anerkennungen zurückgenommen, was unabhängig von den Entschädigungsregelungen die Konsequenz beinhaltet, dass die Erwerber jenes Saatgutes zu informieren sind, dass sie nicht anerkanntes Saatgut gekauft haben. Erkennen kann der Saatgutverbraucher NOB-Partien an dem Hinweis „anerkannt nach § 12 (1b)“ unter „Zusätzliche Angaben“ auf dem blauen Etikett, siehe PDF-Datei. Auf dem weißen nicht amtlichen Anhang sind Angaben zur Keimfähigkeit und i.d.R. Tausendkornmasse zu finden. Da diese Angaben im Zuge der Anerkennung nicht für jede einzelne Partie amtlich ermittelt wurden, dürfen diese Angaben nur auf dem nicht amtlichen weißen Anhang erscheinen.

Kontrollergebnisse 2020 bis 2024

Diese Vorgehensweise, die unter Beteiligung und ausdrücklicher Zustimmung der Saatgutwirtschaft erarbeitet wurde, gewährleistet ein hohes Maß an Verbraucherschutz und eine hohe Saatgutqualität. Dass dies gelingt zeigen die Erfahrungen in den mittlerweile 19 Erntejahren seit Etablierung dieses Verfahrens. Die Tabelle zeigt die wesentlichen Zahlen aus Niedersachsen und Deutschland der Jahre 2020 bis 2024 (vorläufig). 61 Aufbereiter, davon 10 in Niedersachsen, nahmen 2024 am NOB-Verfahren teil. Abgesehen vom Erntejahr 2023 fielen in den Nachkontrollen in Deutschland von den jeweils gut 2.000 Kontrollproben 3,9 bis 6,9 % negativ auf, und in Niedersachsen waren es vergleichbar 5,1 bis 7,9 %. Diese Werte liegen in der Größenordnung der Vergleichswerte, die seit Jahren im Rahmen der Saatgutverkehrskontrolle festgestellt werden. Aus dem Rahmen fiel in den 19 Jahren lediglich das sehr problematische Erntejahr 2023 mit gebietsweise andauernden Regenfällen und Nässe während der Ernte. Hier überschritten die Normen 9,8 % bzw. 20,6 % der Kontrollproben. Allerdings gleichermaßen für das Standardverfahren war 2023 ein schwieriges Jahr.

Fazit

Das zusätzlich mögliche Anerkennungsverfahren der „Nicht obligatorischen Beschaffenheitsprüfung“ wird von allen Seiten positiv beurteilt. Die Eigenverantwortung der Saatgutwirtschaft wird erhöht. Es besteht eine schnellere Verfügbarkeit des Saatgutes. Die Kosten der Aufbereitung lassen sich senken. Für Betriebe eröffnet sich die Möglichkeit, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Andererseits soll die Sicherheit für den Saatgut-Verbraucher letztlich genauso hoch sein wie beim herkömmlichen Anerkennungsverfahren. Darüber hinaus wird die Transparenz für den Verbraucher ganz erheblich erhöht aufgrund der deutschlandweiten Ergebnis-Veröffentlichung.